Träumen Von Aurora
Luna
1. Nicht alle Dunkelheit der Welt...
2. Stille, mehr stille
stille pfade, tagbefreit
hinein in jede dunkelheit
winters atem, mein geleit
drängt mich stet und fremdlich weit
doch rückkehr ist, was aufbruch scheint
von kalter in noch kält’re zeit
bis herzschlag wieder leben meint
sind augenblicke ewigkeit
unterm treuen taumond weisen
waldes wächter mir den weg
welke worte hallen wider
wahnhaft, von vertrautem steg
wie viel zeit nur habe ich schon
allzu hoffnungsvoll in schwarz gewand’t
(doch weißer seiten, gottverdammten nichts)
hier verbracht an skades spiegel
ohne dass ich jeglich’ weisheit fand?
(oder eine ahnung ihres lichts?)
frosterstarrt nun liegt da vor mir
ein trübes glück vergangenheit
meines geistes graugemälde
rankenwerk der endlichkeit
(ufersäumend’ tote sterne
scheinen schließlich sonderbar)
ward ich des verdachtes noch
in herbstes sterben nicht gewahr?
doch augenblick wird mein
und keines anderen
luft und drang
’s birgt die sekunde hundert schätze
und ich bin endlich wieder frei!
denn ich ahne wilde gärten
die in sturm und schnee gedeih’n
schon beleb’ ich waghaft zeilen
mich des windes wort zu weih’n
lind umspiel’n des rausches funken
meine sinne für die weil’
wille sickert, fließt, wird strömen
spendet aus sich licht und heil
und mit rätselhaftem wirken erschließt sich
was viel zu lange unerkannt
zur gänze
es stirbt vielleicht manch’ erinnerung
leben aber fängt heut’ nacht
ein jeder blick!
verbannend die bilder von trister zeit
entfliehend der grelle, truggeworfen
und endlich durchschaut
endlich …
eben schweren schrittes
jetzt federleicht in wort und zeile
und atmend die stille am see
was verbirgst du, nacht,
vor jenen, die dich nie erkannt
in gestalt von ewigkeit
die sich in augenblicken fand?
in gestalt von einsamkeit
die in die schwärz’ren schatten starrt?
zu vieles hast du offenbart
in die gewissheit mich verbannt
dass ich wohl noch so wortgewandt
mit tausend zeil’n es nicht vermag
in denen je bedeutung lag
dich zu erklär’n, der wahrheit nah
selbst dem, der dich verstehen will
und all die schönheit, die ich sah
so sehe ich und schweige …
unweit harrt die alte eiche
weiß nicht um die welt, die taub
flüstert namen alter götter
in des winters stilleschweren staub
unweit stirbt ein bild am wasser blasserfroren mit der zeit
flüstert letztmals jenen namen
in des winters dunkelheit
denn aus jäh verblich’nem zerrbild
bin ich hier und jetzt befreit
wohlverlor’n in jungen welten
ahnungsvoll und endlos weit!
blicke finden letztentflammend
klaren sinn im zwischenreich
in den tiefsten schluchten selbst
liegt silbern’ scheinen firnisgleich
und nicht vor kälte muss ich zittern
als ein hauch das schweigen bricht
»nicht zu fliehen«, raun’ ich, »will ich träumen«
sturm und stille ward gedicht.
3. Luna I
quelle ist mir reines leben
hoch erhaben in der nacht
heimlich wogend’ klänge weben
tief’res jetzt als je gedacht
hier fängt die feder viel empfinden
schwarz füllt weiß mit ewigkeit
zeilenwerk von märzeswinden
herzbewahrt auf alle zeit
in der harschestfauchend’ eiseskälte
noch innerlodernd’ glutgeleit
ja, durch diese mondscheinwelten
die uns einst emporgeführt
uns’re seelen nächtens hellten
zieh’ ich nicht minder nun berührt
ich erhalte alte träume
wo staub’ger weg zu sternen weist
fahl die fänge kahler bäume
doch gen himmel steigt mein geist
frei!
und manchmal wird ein augenblick
der fast vergessen, wieder mein
manchmal kehre ich zurück
in jene zeiten, klar und rein
die nicht versunken in den grauen
sümpfen der vergangenheit
nicht verwittert in den rauen
stürmen flüchtiger heiligkeit
und oft gedenk’ ich jener worte
die nie blassen, nie vergeh’n
oft gedenk’ ich jener orte:
quellen und flüssen, fällen und seen
und noch zweier schatten bilder
ist doch bild auch nie genug
immerdar ein heilsam milder
wohldurchschauter selbstbetrug.
hier fängt die feder viel empfinden
schwarz füllt weiß mit ewigkeit
bereit.
4. Etwas
geisterweiß auf winterwegen
wo kaum ein wort noch wahrheit wiegt
still in traumesgleichem schweben
tiefe schwebt im sommerlied
doch ich erkenne kein geheimnis
denn ohne mühe wirkt hier
etwas
ganz unerwacht das tagesregen
dorngeflecht von freud’ und leid
eins geworden all mein streben
in glanz und glut der dämmerzeit
ein flüstern von verborg’nem leben
dringt durch unsichtbaren wald
streiche aus der sinne weben
weh’n und weh’n mir treuer bald
obnoch das zwielicht schaurig fällt
auf nichts als blasse ahnung
von uns unvertrauter welt
eben hielt mich unbehagen
jetzt strömt durch mich jedes glück
schweigend lausch’ ich dämmerfarben
rubine zeit fängt meinen blick
andächtig
erhaben
und …
5. Luna II
noch für stunden weil’ ich wortlos
hier im klange klarer welt
frost’gem wind trotzt flammend’ wille
als dämmerrot durchs schilfwerk fällt
bleiben wird zur morgenstunde
dem unbeschwerten herzen etwas glut
zu verwinden gram und kargnis
zu erwecken nächsten mut
wohlan, es ward genug gedacht
der alten zeit im eichenhain
doch was die stunden hier entfacht
soll feuer laut’ren funkens sein
wie heimwärts zieh’ ich weiter fort
noch in der lerche lichtgesang
durchstreife ich den fremden ort
als kannt’ ich ihn ein leben lang
arglos spielt mit seelen, was nach
grimmer kälte wiederkehrt:
feuerfangend zornverlor’ner
einklang, der verachten lehrt
nachtvergütet gleißt die klinge
die bedacht durch mich geführt
die manch dasein flugs beendet
und manch edles streben schürt
nun vermag ich zu durchschauen
wie voller ziel die stille war
durch die nacht zum licht geführt
ward mir am ende eines klar:
nicht verlust nur heißt der abschied
verhallt der missklang
schließlich süß
halt’ eisern ich den geist ergrauter stunden
bleibt doch viel mehr
als mich verließ
im frühnebel versinken die welt oder ich
wer weiß
zu was es führt, was es am ende nützt
oder wem
denn ich zückte vielleicht passion
und kritzelte die zeilen
strömte den moment auf papier
die gedanken, fast silbern
bedeuten allzu viel
doch irgendwann sind sie noch »kunst«
und nichts mehr weiter
ich kenne mich.
6. Sturmgeweiht
morgenrot: der raureif taut
im licht, das meine zuflucht hellt
ein kraftbeseelter morgen graut
(nur wanderern in welker welt)
vergessen gram und trister ort
die letzten seelenwunden heilt die zeit
(ich atme hoffnung hier und dort)
ich kehre wieder, sturmgeweiht
vergess’ auch jedes herbstgefärbte wort
mein allzu langes weggeleit
manches stirbt zu neuem leben
vieles nimmt mit sich der fluss
das von eiseszorn durchdrung’ne
das ich wohl kaum betrauern muss
ein versprechen will ich geben
wo ich nun die worte find’:
flüchtig nur halt’ ich die alten
bilder, wie sie nützlich sind
und winter schweigt, zum tod geführt
(was fügsam schlief, das wacht forthin)
ein freier see das feuer schürt
(aus nebel weckt sich klarer sinn)
als flammend’ zeilen, die ich schrieb
schon anvertraut dem waldeswind
auf dass was dieser stunden blieb
nur wagenswerte wege sind
denn ich muss nun für mich
auf ebendiesen weitergeh’n
zu erfüll’n die innerleere
wahrheit vollends zu versteh’n
welcher ahnung erste schimmer
einen sich in glanz alsbald?
zu gedanken, vielleicht gewissheit
goldenlichtem pfad durch finst’ren wald?
führen nur geheime pfade
erst zu dem, was letztlich zählt?
birgt denn das leben nicht weit mehr
für den, der mit berechnung wählt?
doch keiner antwort kann ich lauschen
der ich nun zu hör’n vermag
keiner »weisheit« will ich folgen
die bestimmt den toten tag
und alles, was jetzt bleibt, ist
was schon einst im wind der wälder lag.
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